So richtig klar ist dadurch Holgis Fehlinterpretation von Kant aber noch immer nicht. Es geht beim kategorischen Imperativ nicht um eine Art „persönliche Einschätzung“ dessen, was man wollen kann (wie z.B. „es kann ja niemand wollen, das wir mit Marketing zugemüllt werden, dem würden die Marketingheinis auch zustimmen“. Der kategorische Imperativ ist eher als eine formale Struktur zu verstehen, die über reine Logik operiert. Die Frage ist, ob man die Maxime einer Handlung nicht ohne logischen Widerspruch auch als allgemeines Gesetz denken kann. Treffe ich einen Freund und möchte mir Geld von ihm leihen, und zwar gemäß der Maxime, es mir zu leihen aber nicht zurückzuzahlen trotz meines Versprechens genau das zu tun, so muss ich mich nach dem kategorischen Imperativ fragen: Kann es ein allgemeines Gesetz geben, das genau das legitimiert? Der logische Widerspruch ist evident: Wenn ich die Maxime meiner Handlung als allgemeines Gesetz denke, wäre es logisch unmöglich entsprechend zu handeln, da bei Inkrafttreten eines solchen Gesetz natürlich kein Mensch bereit wäre, mir Geld zu verleihen. Ein lügenhaftes Versprechen kann ich als allgemeines Gesetz nicht wollen, weil es nicht denkbar ist. Genau das wollte Kant: Eine Formel finden, welche moralische Zulässigkeit unabhängig von den Ansichten der Menschen bestimmen kann. Das lässt sich auch auf andere Beispiele übertragen, aber so sauber logisch funktioniert es dennoch nur selten.
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